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Reversible Addition Fragmentation Chain Transfer (RAFT) Polymerization

Das Feld der radikalischen Polymerisation hat in den letzten Jahren einen besonderen Aufschwung durch die Erfindung von lebenden radikalischen Techniken erfahren. Diese ermöglichen die exakte Kontrolle der Kettenlänge, der Endgruppen und der Mikro-Architektur der entstehenden Polymerketten. Besonders der Einsatz von reversiblen Überträgersubstanzen (z.B. Thiocarbonyl-thio-Verbindungen, Telluriden) haben einen durchschlagenden Erfolg in der Kontrolle des radikalischen Polymerisationsprozesses gebracht.
Durch diese neuartige Technik lassen sich zum Beispiel Block-Copolymer, Propf-Copolymere, Sternpolymere, Gradientencopolymere und viele andere interessante Strukturen auf sehr einfache Weise herstellen. Diese neuen lebenden radikalischen Polymerisationen sind den herkömmlichen Techniken (z.B. ionischer Polymerisation) zur Herstellung solch anspruchsvoller Strukturen in vielem überlegen: (i) Es können wesentlich mehr Monomerklassen polymerisiert werden, (ii) der experimentelle Aufwand ist um vieles geringer und (iii) es bleiben aktive Zentren im Polymer bestehen, die für weitere Reaktionen verwendet werden können. Bisher wurden mithilfe der lebenden radikalischen Polymerisationen viel neuartige Polymere synthetisiert, die z.B. selbstorganisierende Membrane bilden, die als bakterizide Beschichtung dienen oder die im Gebiet der polymeren Arzneistoffe verwendet werden können.
Am Institut für Physikalische Chemie der Universität Göttingen wird die grundlegende Reaktionskinetik dieser Polymerisationen untersucht und an Möglichkeiten geforscht, diese Techniken – die aufgrund ihrer Neuheit noch kaum die Labore verlassen haben – für industrielle Zwecke nutzbar zu machen. Ein Schwerpunkt ist hierbei z.B. die Ausdehnung auf Olefin-Polymerisationen und der Einsatz von Oberflächen-Reaktionen, um die eingesetzten Substanzen effektiv aus dem fertigen Produkt entfernen zu können.
Während der exakte Mechanismus der RAFT-Polymerisation immer noch Gegenstand von wissenschaftlichen Diskussionen ist, können durch die bisherig gewonnenen Erkenntnisse immer bessere und effektivere RAFT-Agenzien hergestellt werden. Die Anwendungen schließen neben den klassischen Bulk- und Lösungspolymerisationen mittlerweile Polymerisationen in wässrige Medien, an Oberflächen und Nanopartikeln, in superkritischen Lösungsmitteln und unter hohem Druck ein. Die RAFT-Polymerisation hat sich als äußerst vielseitig und robust erwiesen und erschließt auch Monomersysteme, die durch andere Techniken nicht kontrolliert polymerisiert werden können (z.B. Vinylacetat).
Aus den Makromolekülen mit komplexer Topologie - wie, z.B., Sternpolymeren -, die durch die RAFT-Polymerisation mit sehr großer Einheitlichkeit gebildet werden können, werden neuartige molekulare Nano-Behälter entwickelt, die Anwendung beim Wirkstofftransport oder beim Immobilisieren von Farbpigmenten in Polymermaterialien finden sollen.

Beschreibung der Forschungsprojekte


letzte Änderung: 02.09.2008