Chemie: Schillernd und zum Anfassen (Von Tina Lüers - Göttinger Tageblatt vom 27.Oktober 2008)
Im Friedrich-Wöhler-Hörsaal der Fakultät für Chemie ist es dunkel, als einzige Lichtquelle ist eine hellblau leuchtende Flüssigkeit zu sehen, die sich langsam durch ein Spiralrohr nach unten schraubt. Wenig später lodert ein buntes Feuerchen und aus einer kleinen Portion „französischer Küche“ wird ein riesiger Berg, der fast aussieht wie norddeutscher Grünkohl. Eine in einen Hochspannungstrafo eingespannte Gewürzgurke glüht in herrlichstem Orange. Doch auch bei Licht betrachtet passieren im Experimentalvortrag von Prof. Dietmar Stalke, Dekan der Fakultät für Chemie an der Georg-August-Universität, die herrlichsten Dinge. In Sekunden ist Bier gebraut, Cola hergestellt oder eine besonders für Vampire leckere Nachspeise quillt aus dem Eisbecher, der zwischen Brennern und Reagenzgläschen auf dem meterlangen Experimentiertresen steht.
Hier erfahren die Besucher des Tags der offenen Tür an der Fakultät für Chemie, welche Leuchtfeuerreaktion die Gummibärchen im Bauch entfachen müssen oder wie man Seifenblasen machen kann, die nach oben fliegen. „Das chemische Prinzip ist der feste Glaube“, so Stalke, dessen „Chemie natürlich Zaubern ist“.
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Spannungen sind zu sehen
Rund um die Vorträge ist an diesem Tag in der Tammannstraße organische, anorganische und physikalische Chemie auch zum Anfassen und Ausprobieren da. In den Werkstätten prägen die Besucher Einkaufschips oder umschiffen einen „heißen Draht“ mit Obacht. „Vorsicht“, heißt es auch bei Hans-Joachim Schlette, Werkstattleiter in der Glasbläserei, wo gläserne Kugeln gefertigt und Spannungen im Glas sichtbar werden. Die Schüler der Partnerschule Felix-Klein-Gymnasium sind auf der Experimentiermeile mit dabei. Mit Rotkohlsaft als Indikator können hier Laugen und Säuren unterschieden werden. Mit einem Vakuumversuch können kräftig Pumpende in der Feinmechanik-Werkstatt der Anorganik von Hans-Joachim Heymel Luftballons zerplatzen lassen. Alle Betriebe hier bilden auch aus, Heymel sagt: „Wir nehmen gern Haupt- und Realschüler, wir können uns anders um die Ausbildung kümmern als in der Industrie.“ Dabei hat sich die Werkstatt geöffnet und übernimmt auch institutsfremde Arbeiten. Alles wird selbst gebaut und zuvor entworfen. Auch in der Feinmechanik der physikalischen Chemie ist das so. Aus einer schrottreifen Fräsmaschine haben Karl-Heinz Völker und Werkstattleiter Volker Meyer ein Ausbildungsprojekt gemacht. Mittlerweile arbeitet die Maschine aus den 50er Jahren automatisch und computergesteuert.
GT 27.10.2008 / ETB Seite 24 Ressort: WISS